abcphilde archiv                                                                                                                             manfred herok   2014 

THOMAS HOBBES

LEVIATHAN

ODER VON MATERIE, FORM UND GEWALT DES

KIRCHLICHEN UND BüRGERLICHEN STAATES

Titelbild Erstausgabe London 1651

Auszug:

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Zehntes Kapitel

MACHT, WÜRDE, EHRE
 

Allgemein genommen besteht die Macht eines jeden in dem Inbegriff aller Mittel, die von ihm abhängen, sich ein anscheinend zukünftiges Gut zu eigen zu machen. Es gibt aber eine natürliche und eine künstliche Macht.

Die natürliche Macht gründet sich auf außerordentliche Vorzüge des Körpers oder des Geistes, z. B. auf Stärke, Gestalt, Klugheit, Geschicklichkeit, Beredsamkeit, Freigiebigkeit und Adel. Die künstliche Macht aber umfaßt die Mittel und Werkzeuge, seine Macht zu erhöhen, in sich; sie mögen übrigens durch jene ersteren, oder durch Zufall erlangt sein, wie: Reichtum, Achtung, Freunde und die unmerkliche Einwirkung Gottes, welche gewöhnlich das Glück genannt wird. Diese Macht gleicht aber darin dem Gerücht, welches um so größer wird, je mehr es sich verbreitet, oder dem Fallen schwerer Körper, deren Geschwindigkeit mit jedem Augenblick zunimmt.

Die größte menschliche Macht ist die, welche aus der Verbindung sehr vieler Menschen zu einer Person entsteht, sie mag nun eine natürliche sein wie der Mensch oder aber eine künstliche Person wie der Staat, wenn nur von dem Willen derselben die Macht aller übrigen abhängt. Die dieser am nächsten kommende Macht ist die, welche von dem Willen vieler Menschen abhängt, die sich nicht miteinander vereinigt haben, wie z. B. einer einzelnen, oder mehrerer verbündeter Parteien.

Viele Diener oder auch viele Freunde haben, verschafft Macht, denn es sind vereinigte Kräfte. So ist auch Reichtum, verbunden mit Freigebigkeit, Macht, denn er verschafft Diener und Freunde. Reichtum ohne Freigebigkeit ist nicht Macht, weil er weniger verteidigt, als er vielmehr Neider erweckt.

Der bloße Ruf von Macht vertritt schon dieselbe Stelle, weil er unter denen Anhänger verschafft, welche des Schutzes bedürfen.

Auch der Ruf, daß man ein guter Bürger und ein Freund des Vaterlandes sei oder Volksgunst, ist aus demselben Grunde Macht.

Mit einem Wort: Jede solche Eigenschaft, welche viel Liebe oder viel Furcht erweckt, ja schon der bloße Ruf von einer solchen Eigenschaft, ist Macht, weil uns dadurch viel Hilfe und Dienste verschafft werden.

Glück in seinen Unternehmungen haben, ist Macht: denn es erzeugt den Ruf, daß man durch Klugheit das Glück in seiner Gewalt habe, und dadurch wird entweder Furcht oder Vertrauen in einem hohen Grad erregt.

Freundliche Gesprächigkeit der Mächtigen erhöht ihre Macht, denn sie erwirbt Freunde. Der Ruf der Klugheit in Friedens- oder Kriegs-Angelegenheiten ist Macht, weil man sich lieber Klugen zur Leitung überläßt als anderen.

Adlige Abkunft ist Macht, wiewohl nicht allerwärts, sondern nur in solchen Staaten, wo der Adel ausschließliche Vorrechte besitzt, worauf sich die Macht desselben eigentlich gründet.

Beredsamkeit ist Macht, denn es ist eine anscheinende Klugheit.

Gute Formen sind Macht, denn sie versprechen Gutes und empfehlen, ohne näher bekannt zu sein.

Kenntnis ist auch Macht, aber nur in einem geringen Grad, weil eine vorzüglich vollkommene Kenntnis höchst selten gefunden und auch sehr Wenigen hier und da einmal einleuchten wird; denn Kenntnis kann nur von Kennern entdeckt werden.

Kunst und Geschicklichkeit, wodurch das allgemeine Wohl befördert wird, ist Macht; z. B. die Befestigungskunst oder die Geschicklichkeit, allerlei Kriegsgeräte zu verfertigen. Dies alles befördert Verteidigung und Sieg.

Würde bedeutet zuweilen den Wert oder die Nutzbarkeit eines Menschen, je nachdem man die Anwendung seiner Macht etwa schätzt, und nach Maßgabe dessen wird sie auch groß oder gering sein. Bei einem nahen oder schon gegenwärtigen Krieg wird z. B. ein erfahrener Feldherr allgemein geschätzt werden, doch nicht so in Friedenszeiten. Ein geschickter und gewissenhafter Richter ist zu Friedenszeiten ein wichtiger Mann, im Krieg aber nicht. Mit der Würdigung eines Menschen geht es meistens wie mit allen übrigen Dingen, deren Wert von dem Urteil des Käufers, nicht aber des Verkäufers abhängt. Es mag jemand seinen eigenen Wert so hoch annehmen, als er will; wirklich bestimmt wird er nur durch das Urteil anderer.

Wenn man öffentlich zu erkennen gibt, wie man von jemandes Wert urteilt, so geschieht das, was man Ehren und Entehren nennt. Wird der Wert hoch angesetzt, so heißt es Ehren, fällt er gering aus, so wird es Entehren.

Unter Würde versteht man insgemein den Wert, welcher auf dem Urteil nicht eines einzelnen Menschen, sondern vielmehr eines ganzen Staats beruht, nach welchem ihm Regierungs- oder obrigkeitliche oder sonst öffentliche Geschäfte übertragen und ehrenvolle Namen oder Titel beigelegt werden.

Jemanden um Hilfe ansprechen, heißt ihn ehren, weil dadurch seine Macht anerkannt wird. Eben das drückt unsern Gehorsam aus, weil wir nur denen, die uns nützen oder schaden können, gehorchen. Ansehnlich jemanden beschenken, heißt ehren, weil wir dadurch seine von uns anerkannte Macht zu unserem Schutz gleichsam kaufen. Geringe Geschenke entehren, denn sie gleichen einem Almosen, und zeigen an, daß nach dem Urteil des Gebers der Empfänger sogar unerheblicher Dinge bedürftig sei. Zu jemandes Bestem wirken, auch ihm schmeicheln, heißt ehren; denn wir geben zu erkennen, daß wir seines Schutzes oder Beistandes bedürfen.

Nachgeben, sollten auch unsere liebsten Wünsche dabei leiden, heißt ehren, weil es ein Geständnis der größeren Macht des anderen ist. Beweise von Furcht oder Liebe geben, heißt ehren; in beiden liegt gleichfalls ein Geständnis der Macht. Loben, Erheben, Glücklichnennen heißt ehren: weil Güte, Macht und Glück einen hohen Wert haben. Hingegen Schmähen, Verspotten, Bemitleiden heißt entehren. Wen wir wohl überlegt anreden, oder anständig und bescheiden auftreten, den ehren wir; denn dadurch wollen wir Mißfallen verhüten. Jemanden aber unüberlegt anreden, oder sich in dessen Gegenwart unanständig und frech betragen, heißt ihn entehren.

Glauben und Trauen zeigt Ehre an, denn es wird dadurch zu erkennen gegeben, daß man jemanden für mächtig halte.

Auf jemandes Rat oder auf jede seiner Reden aufmerksam hören, heißt ehren, denn es ist ein Zeichen, daß wir ihm Klugheit, oder Verstand, oder Beredsamkeit zutrauen. Während der Zeit aber schlafen, hinausgehen oder sein Gespräch unterbrechen ist das Gegenteil. Einem das, was er entweder selbst oder was Gesetz und Gewohnheit für Zeichen der Ehre erklärt, erweisen, drückt Ehre aus; denn es ist eine Bekräftigung der ihm von andern zugestandenen Ehre.

Eines anderen Meinung annehmen, heißt ehren, weil wir dadurch seine Urteilskraft und Einsicht anerkennen. Sie verwerfen, drückt das Gegenteil aus; denn es enthält den Vorwurf eines Irrtums, oder gar, wenn der Fall oft eintritt, einer Kurzsichtigkeit. Nachahmung drückt Ehre aus, denn es ist ein hoher Grad von Billigung. Ehrt man diejenigen, die ein anderer hoch schätzt, so ehrt man eben dadurch ihn selbst; denn man pflichtet auf die Weise seinem Urteil bei.

Wenn wir bei irgendeinem Vorhaben oder sonst bei wichtigen Dingen uns der Hilfe eines andern bedienen, heißt das ihn ehren, weil wir dadurch seine Einsicht oder Macht anerkennen.

Alle bisher angeführten Zeichen der Ehre, sie mögen im Staat oder in Privatbeziehungen vorkommen, sind natürliche Zeichen. Die aber ausschließlich im Staat stattfinden, wovon der oder diejenigen, welche am Ruder sitzen, die Macht, sie nach Willkür zu bestimmen, haben, sind von anderer Art.

Der Staat ehrt einen Bürger dadurch, daß er ihm einen Titel, ein Amt oder sonst ein Geschäft erteilt, wenn er dergleichen als Zeichen der Ehre festgesetzt hat. Dadurch, daß der König von Persien befahl, daß Mardochai im königlichen Schmuck durch die Straßen der Stadt von einem der Vornehmsten des Reiches mit dem Ausruf geführt werden sollte: "So wird man tun dem Mann, den der König gern ehren wollte" ehrte er denselben. Was aber ein Staat in der Absicht anordnet, daß er beschimpfen soll, ist wirkliche Beschimpfung; wie wenn z. B. eben der persische König demjenigen, welcher wegen eines glücklich ausgeführten Unternehmens sich zur Belohnung ausbitten einen königlichen Mantel tragen zu dürfen, seine Bitte gewährt, jedoch mit dem Beisatz: er solle ihn als königlicher Hofnarr tragen. — Der Stellvertreter des Staats ist der Quell der bürgerlichen Ehre, weil sie von dem Willen desjenigen abhängt, der die höchste Gewalt im Staat besitzt. Sie dauert daher nur eine Zeit lang, wie z. B. obrigkeitliche und andere öffentliche Ämter, Titel und an manchen Orten auch gewisse Kleidungsstücke und Wappen; und die dergleichen erhalten sind Ehrenmänner, weil sie dieses als Zeichen der öffentlichen Gunst besitzen. Öffentliche Gunst aber ist Macht.

Jeder Besitz, jede Handlung, jede Eigenschaft ist, im Fall sie ein Zeichen der Macht sein soll, ehrenvoll. Von vielen geehrt, geliebt oder gefürchtet werden ist ehrenvoll; denn es ist ein Zeichen der Macht.

Glückliche Umstände, solange sie dauern, sind ehrenvoll, weil man gewöhnlich davon auf die Gunst schließt, in der ein solcher bei Gott steht. Unglückliche Umstände hingegen machen verächtlich. Reichtum ist ehrenvoll, denn er ist ein Zeichen der Macht. Seelengröße, Freigebigkeit, Hoffnung, Mut, Zutrauen sind ehrenvoll, denn sie entstehen aus dem Bewußtsein der Macht. Was getan werden muß, zu rechter Zeit, folglich weder zu früh noch zu spät, anordnen, ist ehrenvoll; weil dies voraussetzt, daß man Hindernisse und Gefahr als gering achtet. Alle Handlungen und Äußerungen, welche aus Erfahrung, Wissenschaft, richtiger Beurteilung oder Verstand herkommen, oder auch nur herzukommen scheinen, sind ehrenvoll; denn sie gehören zu den Zeichen der Macht.

Ernst, insofern derselbe aus vielen obliegenden Geschäften entsteht, oder zu entstehen scheint, ist ehrenvoll, weil solche Geschäfte Macht verschaffen. Ist aber der Ernst nur angenommen und ohne Grund, so bringt er Schande. Jener erstere gleicht dem langsamen Gang eines Schiffes, welches durch seine schwere und kostbare Ladung sehr aufgehalten wird; dieser letztere aber dem Gange eines Schiffes, welches nur zur Verhütung des Umwerfens mit Ballast beladen ist.

Berühmt, d. h. vielen bekannt sein wegen Vermögen, Taten oder irgend etwas Gutem, ist ehrenvoll, weil es ein Zeichen der Macht ist, die ihm dies Bekanntwerden verschaffte.

Von einem berühmten Haus abstammen, ist ehrenvoll; weil solche Menschen die Hilfsquellen und die Freunde ihrer Vorfahren sich auch leicht zu eigen machen können.

Billige Handlungen, bei denen man selbst eines Schadens nicht achtet, sind ehrenvoll; sie beweisen Seelengröße.

Streben nach Reichtum und Würden ist ehrenvoll, denn sie sind auch Zeichen der Macht, die man sich zu verschaffen stark genug dünkt. Streben nach Kleinigkeiten bringt Schande.

Was die Ehre betrifft, welche auf einer Handlung beruht, sei die Handlung selbst gerecht oder ungerecht, darauf achtet man nicht; ist sie nur groß und gefahrvoll, so nimmt man sie deshalb schon als Beweis einer großen Macht an: denn bloß in der Meinung von unserer Macht besteht das Wesen der Ehre. Wenn also die alten heidnischen Völker in ihren Gedichten von den Göttern begangenen Ehebruch, Mord und andere auffallende, aber ungerechte und unsittliche Handlungen erzählten, so wollten sie dieselben dadurch nicht entehren, sondern vielmehr sehr ehren. Deswegen rühmten sie beim Jupiter dessen Ausschweifungen und beim Merkur dessen List und Spitzbüberei am häufigsten. So werden z. B. des letzteren Heldentaten von Homer kurz also zusammengefaßt: „Am Morgen ward er geboren, am Mittag schlug er die Laute und am Abend trieb der Dieb die Herde des Phöbus weg.“

Bevor große Staaten entstanden, brachten das Rauben zu Wasser und zu Land, wie man überhaupt aus der alten, sonderlich griechischen Geschichte ersieht, als eine rechtmäßige Erwerbsart mehr Ehre als Schande. Ist doch selbst bei uns noch der Zweikampf, so gesetzwidrig er auch ist, ehrenvoll, und wird es auch solange bleiben, bis Gesetze ausfindig gemacht werden, denen zufolge der, welcher fordert, als ein Gegenstand der Verachtung, welcher hingegen die Herausforderung nicht annimmt, als ein Mann, der geschätzt zu werden verdient, angesehen wird. Ob dies möglich zu machen wäre, ist nicht zu entscheiden. Die Bereitwilligkeit zum Kampf ist immer ein Zeichen der Tapferkeit, welche in dem natürlichen Zustand des Menschen, wo nicht die einzige, doch die größte Tugend ist; Weigerung zum Kampf hingegen wird durch Gesetze, nicht aber durch die Natur zur Tugend, und die Natur hat mehr Kraft als alle Gesetze.

Wenn mit erblichen Wappen und andern äußerlichen Abzeichen auch ausschließliche Vorrechte verbunden sind, so sind sie alsdann ehrenvoll, sonst aber nicht. Dergleichen Kennzeichen der Macht stützen sich nämlich auf ausschließliche Rechte oder auf Reichtum oder sonst etwas, was von den Menschen in gleichem Grad geschätzt wird. Diese Art von Ehre heißt erblicher Adel, und scheint von den alten Deutschen herzukommen; weil nicht allein nur bloß die, welche mit den Gebräuchen der Deutschen bekannt sind, hiervon Nachricht geben, sondern weil auch dergleichen nur an solchen Orten jetzt noch üblich ist, wo ehedem die Deutschen gewohnt haben . Wenn die griechischen Heerführer ins Feld zogen, so bedienten sie sich zwar auch gemalter Schilde, worauf aber die Gemälde willkürlich waren, so wie hingegen der Schild des armen oder gemeinen Soldaten ganz ohne allen Zierat war; doch kamen diese Schilde nicht als ein Erbstück auf die Söhne. Die römischen Familien hatten auch ihre erblichen Abzeichen, welche indes nicht in Schilden, sondern in Abbildungen ihrer Vorfahren bestanden. In Asien, Afrika und Amerika findet man davon nichts; denn dergleichen war nur bei den Deutschen üblich, durch welche es damals nach England, Frankreich, Spanien und Italien kam, als sie in großer Anzahl, teils für die Römer, teils für sich selbst in diesen abendländischen Gegenden Kriege führten.

Deutschland war in der Vorzeit, wie andere Länder, unter kleine Könige, die eigentlich aber nur die Oberhäupter großer Familien waren, und in beständigen Kriegen miteinander lebten, verteilt. Diese Könige schmückten nun hauptsächlich in der Absicht, damit sie unter ihren Waffen von ihren Leuten erkannt werden möchten, oder aber auch wohl der Zierde wegen, ihre Waffen, Schilde oder sonst einen Teil ihrer Kleidung mit dem Bild irgendeines Tieres oder einer andern Sache; sie brachten auch wohl etwas Auszeichnendes auf ihrem Helm an und diese Zierate oder Waffenzeichen wurden auf ihre Söhne vererbt; und zwar auf den Ältesten gerade so, wie sie der Vater geführt hatte; auf die übrigen aber mit einem Unterscheidungszeichen, welches das Oberhaupt der Familie, den sie Herold (Heraldum) nannten, bestimmte. Als aber diese einzelnen Familien sich so miteinander verbanden, daß das heutige große Reich daraus entstand, so wurde dieses Amt des Oberhauptes jeder Familie, die Schilde oder Abzeichen zu bestimmen, einem andern aufgetragen, der noch jetzt den Namen Herold hat. Aus den Nachkommen dieser Könige nun entstand der mächtige und alte Adel, der sich in diesen Ländern bis jetzt noch findet, welcher teils Raubtiere, teils Burgen, Zinnen, einzelne Waffen und andere kriegerische Sachen im Wappen führt; denn damals wurde Tapferkeit über alles geschätzt. Nachher haben nicht allein Könige, sondern auch Städte, im Anfang oder am Ende eines Feldzuges, den Kriegern, entweder zur Ermunterung oder zur Belohnung ihrer Tapferkeit, allerlei Wappen erteilt , welches alles man in den älteren und lateinischen Geschichtsschreibern, welche des deutschen Volkes und seiner Gebräuche erwähnen, finden kann.

Ehrentitel, wie Herzog, Graf, Markgraf, Baron sind ehrenvoll, weil dadurch angezeigt wird, wie hoch der oder diejenigen sie schätzen, die die höchste Gewalt im Staat haben. Diese Titel waren vor Zeiten immer mit einem öffentlichen Amt verbanden, und stammen teils von den Römern, teils von den Galliern ab, Die Heerführer der Römer waren die nachmaligen Herzöge, die Begleiter derselben die Grafen, welchen auch beim Rückzug der Feldherrn die Orte, die man eingenommen hatte und wo die Ruhe ganz wieder hergestellt war, als Statthalter übergeben wurden; und waren diese auf den Grenzen des Reiches angesetzt, so hießen sie Markgrafen. Zu den Zeiten Konstantins des Großen ungefähr wurden diese Titel Herzog, Graf, Markgraf, die bei den deutschen Heeren üblich waren, bei den Römern eingeführt. Der Titel Baron scheint aber gallischen Ursprungs zu sein und bedeutet einen angesehenen und großen Mann, den ein König besonders in Kriegszeiten zu den wichtigsten Geschäften gebrauchte. Wahrscheinlich stammt dieses Wort von dem lateinischen Vir , aus welchem leicht Ber oder Bar werden konnte, welches in der gallischen Sprache die Bedeutung des lateinischen vir hatte. Nun war der Übergang zu Bero oder Baro bald geschehen, woraus das lateinische Wort Berones bei Cicero, und nachher das gallische Barones und das spanische Varones entstand. Von diesen und andern hierher gehörigen Sachen sehe man nach: Job. Seldenum , „De titulis honoris“.

Da mit der Zeit die mit diesen Titeln bis dahin verbunden gewesene Macht, darum, weil gewisse Personen sie der englischen Staatsverfassung gefährlich machten, teils von selbst aufhörte, teils aufgehoben wurde, so wurden zwar noch die Titel reichen oder anderen verdienten Personen, aber bloß der Rangordnung wegen erteilt, und so wurden Herzöge, Grafen, Markgrafen und Barone von Orten benannt, wo sie weder Eigentum, noch Gewalt besaßen .

Würdigkeit wird oft statt Tüchtigkeit gebraucht, so daß der, welcher zur Regierung oder zur Verwaltung eines obrigkeitlichen Amtes tüchtig ist, d. h. der die dazu erforderlichen Eigenschaften in einem hohen Grad hat, solcher Stellen auch würdig ist. Ebenso ist auch nur der des Reichtums würdig, der ihn gut anzuwenden weiß.

Verdient jemand dieses oder jenes, so sagt man auch: er ist dessen würdig. Das eigentliche Verdienst wird aber niemals Würdigkeit genannt; denn sie sind so unterschieden, daß bei dem Verdienst ein auf Versprechen gegründetes Recht vorausgesetzt wird, welche Voraussetzung bei der Würdigkeit nicht stattfindet.

 

Elftes Kapitel

VON DER VERSCHIEDENHEIT DER SITTEN

Unter Sitten verstehe man nicht solche Kleinigkeiten, die Kindern frühzeitig beigebracht werden, was sie etwa in Ansehung ihres Putzes, ihrer Kleidung und der allgemeinen Höflichkeit zu beachten haben, sondern man muß darunter vielmehr alles das begreifen, wodurch Friede erhalten und das Wohl des Staats gesichert wird.

Vor allen Dingen muß angemerkt werden, daß das Glück des Erdenlebens durchaus nicht in einer ungestörten Seelenruhe besteht; denn es kann in derselben das letzte Ziel und höchste Gut (ultimus et Summum Bonum), wovon die älteren Sittenlehrer reden, gar nicht stattfinden. Der, dessen sämtliche Wünsche erfüllt sind, kann ebensowenig leben wie der, welcher Empfindungs- und Erinnerungskraft verloren hat. Glückseligkeit schließt in sich einen beständigen Fortgang von einem Wunsch zum andern, wobei die Erreichung des ersteren immer dem nachherigen den Weg bahnen muß. Der Grund davon liegt darin, daß es bei den Wünschen der Menschen nicht darauf ankommen darf, daß sie dessen, was sie sich wünschen, etwa nur einmal und gleichsam auf einen Augenblick genießen, sondern daß vielmehr der Genuß desselben auch für die Zukunft sichergestellt werde. Deshalb legen es die Menschen bei ihren Unternehmungen nicht bloß darauf an, sich ein Gut zu verschaffen, sondern sich dasselbe auch auf immer zu sichern. Daß sie jedoch hierbei nicht alle auf einerlei Weise zu Werke gehen, kommt teils daraus her, daß ein jeder seinen besonderen Leidenschaften folgt, teils daß sie über die zur Befriedigung ihrer Wünsche dienlichen Mittel so sehr verschieden denken.

Zuvörderst wird also angenommen: daß alle Menschen ihr ganzes Leben hindurch beständig und unausgesetzt eine Art der Macht nach der anderen sich zu verschaffen bemüht sind; nicht darum, weil sie nach einer immer größeren Macht als die ist, welche sie schon besitzen, streben, oder sich an einer mäßigen nicht genügen können, sondern weil sie ihre gegenwärtigen Macht- und Glückseligkeitsmittel zu verlieren fürchten, wenn sie dieselben nicht noch vermehren. Dieserhalb sind auch Könige, die die höchste Gewalt haben, dahin bedacht, ihre Macht im Land durch Gesetze und außerhalb durch Kriegsheere zu befestigen. Ist auch dies glücklich erreicht, so folgt doch bald wieder ein neuer Wunsch, entweder nach größerem Ruhm, oder nach einem anderen Vorteil.

Der Wunsch nach Reichtum, Ehre, Herrschaft und jeder Art von Macht stimmt den Menschen zum Streit, zur Feindschaft und zum Krieg; denn dadurch daß man seinen Mitbewerber tötet, überwindet und auf jede mögliche Art schwächt, bahnt sich der andere Mitbewerber den Weg zur Erreichung seiner eigenen Wünsche.

Streben mehrere zugleich nach Lob, so entsteht daraus die Verehrung der Vorzeit; denn Lebende finden nicht unter den Gestorbenen, sondern nur unter denen, die mit ihnen leben, Mitbewerber, daher sie auch jene oft auf eine übertriebene Art vorziehen, um diese desto mehr herabwürdigen zu können.

Der Wunsch nach Muße und sinnlichen Vergnügungen bringt die Menschen dahin, daß sie sich einer gemeinschaftlichen Gewalt gern unterwerfen, und deshalb auf diejenige Macht Verzicht tun, die sie durch eigene Anstrengung vielleicht erringen könnten; ja eben das bewirkt auch die Furcht, mißhandelt und getötet zu werden, aus gleichem Grund.                         
In dürftigen Verhältnissen lebende, aber zugleich mutige und mit ihrem Schicksal unzufriedene Menschen, oder die, welche nach kriegerischer Ehre geizen, sind sehr geneigt, Krieg und Aufruhr zu erregen und zu nähren, weil ohne dergleichen kein kriegerischer Ruhm erlangt werden kann.
                                                                                                                          [
original/engl.]

Der Wunsch nach Wissenschaften und Künsten, die nur im Frieden gedeihen, bewegt zur Unterwerfung unter eine gemeinschaftliche Gewalt; denn dieser enthält auch zugleich den Wunsch nach Muße, welche ohne den Schutz einer fremden Macht nicht erreichbar ist.

Verlangen nach Lob reizt zu lobenswerten Handlungen, und zwar zu solchen, wodurch wir denen zu gefallen hoffen, deren Urteil für uns von Gewicht ist. Verachtung der Personen aber zieht auch Geringschätzung ihres Lobes nach sich. Ebendas bewirkt das Verlangen, auch nach dem Tod noch gerühmt zu werden. Denn wenn wir gleich alsdann das Lob der Menschen nicht mehr empfinden, weil entweder überschwenglich höhere Freuden, oder unaussprechliche Qualen diese geringeren Freuden verdunkeln oder gänzlich vernichten, so wird doch dies Verlangen dadurch noch gerechtfertigt, daß die Vorempfindung des Ruhms an sich schon Freude gewährt, und außerdem hieraus für die Nachkommenschaft mehr als ein Vorteil erwächst. Wenn nun auch gleich im Tod nichts von dem allen empfunden wird, so stellt man sich doch jetzt dasselbe vor; was aber bei der wirklichen Empfindung erfreuen wird, erfreut schon bei der bloßen Vorstellung.

Von seinesgleichen Wohltaten empfangen zu haben, die zu groß sind, als daß wir sie jemals erwidern zu können hoffen dürften, erzeugt einen heimlichen Haß und mit diesem eine erheuchelte Liebe. Man wird dadurch in die Lage eines Schuldners gesetzt, der nicht bezahlen kann, den Anblick seines Gläubigers flieht, und im Herzen ihn dahin wünscht, wo er ihn nie wieder zu Gesicht kommen kann. Wohltaten verpflichten; Verpflichtung aber ist eine Knechtschaft und die Unauflöslichkeit der ersteren gibt der letzteren eine beständige Dauer. Seinesgleichen dienen zu müssen, ist höchst lästig.

Wohltaten hingegen von denen erhalten, die wir als unsere Oberen ansehen, regt zur Liebe an, weil durch die daraus entstehende Verpflichtung unsere Unterwürfigkeit nicht vermehrt wird; auch wird die Erkenntlichkeit, mit der man eine Wohltat annimmt, von jedermann als eine Art von Wiedervergeltung angesehen, weil man sich dadurch allemal dem Geber verbindlich macht. Auch Wohltaten von solchen, die uns gleich oder selbst unter uns sind, empfangen, wenn nur Aussicht zur Wiederersetzung da ist, machen, daß in uns Liebe entsteht. Denn in dem Fall entsteht die Verbindlichkeit aus einer gegenseitigen Wohltat, die oft einen Wetteifer in Gefälligkeitserweisungen veranlaßt, der gewiß der edelste und nützlichste Streit genannt zu werden verdient, wobei einer den andern im Wohltun übertreffen will, dem Sieger sein Sieg gefällt, und der Besiegte in dem Streit selbst schon Genugtuung findet.

Eine Beleidigung, die zu groß ist, als daß der Beleidiger sie wieder gutmachen könnte oder wollte, reizt denselben nun auch zum Haß gegen den Beleidigten, denn er kann nur Rache, oder aber Verzeihung erwarten, und beides ist ihm unausstehlich.

Die Furcht von einem andern Schaden zu erleiden, spornt uns an, dem zuvorzukommen, oder sich Anhang zu verschaffen; denn ein anderes Mittel, sich Leben und Freiheit zu sichern, gibt es nicht.

Wer ein Mißtrauen in sich selbst setzt, wird bei einem Aufruhr glücklicher streiten als der, welcher sich Klugheit und List zutraut; denn wo dieser erst umständlich überlegt, wird jener, aus Furcht betrogen zu werden, schon losschlagen. Weil man aber bei einem Aufruhr in jedem Augenblick zum Kampf bereit ist, so ist Einigkeit und augenblickliche Benutzung eines jeden Vorteils eine bessere Kriegslist, als nur der feinste Verstand zu erfinden vermag.

Eitle Ehre hat keinen wahren Grund, und eignet sich fälschlich fremde Tugenden an; wen sie beherrscht, der wird nur von sich prahlen, nie aber tätig handeln, weil, wenn es zur Entscheidung kommt, seine Prahlerei entdeckt werden würde. Entsteht dieselbe aus einer Schmeichelei oder aus irgend einer vorherigen zwar glücklichen Tat, die aber einem bloßen Zufall zugeschrieben werden muß, so flößt sie freilich wohl den Mut ein, ein Unternehmen zu beginnen, der jedoch beim Anblick der Gefahr schnell wieder verschwindet. Man wird furchtsam, zittert, flieht und sorgt mehr für sein Leben, dessen Verlust unwiederbringlich ist, als für seine Ehre, die doch immer, wäre es auch durch eine Lüge, gerettet werden kann.

Wer sich Staatsklugheit zutraut, strebt nach öffentlichen Ämtern; denn nur in solchen Geschäften kann er sich Ehre erwerben. Dergleichen Streben trifft man daher auch bei großen Rednern an, weil die Beredsamkeit von ihnen selbst, sowie von vielen anderen für Weisheit gehalten wird.

Schwachmütigkeit veranlaßt ein Zaudern, wobei man gemeinhin die besten Gelegenheiten versäumt; denn wenn bei angestellter nötiger Überlegung der zu fassende Entschluß noch ungewiß bleibt, so ist es alsdann gewiß einerlei, ob man so oder anders verfahre; und so gehen während der Zeit, in der man sich noch mit geringfügigen Dingen beschäftigt, die kostbarsten Augenblicke verloren.

Sparsamkeit, so lobenswert sie auch für einen Privatmann ist, wäre da übel angebracht, wo die Kräfte mehrerer Menschen in Bewegung gesetzt werden müssen; denn sie schwächt die Bemühung, die durch Belohnungen genährt und erhalten werden muß.

Beredsamkeit, verbunden mit Freundlichkeit, erwirbt Freunde, auf die man sich verlassen kann, weil jene das Ansehen von Weisheit und diese von Liebe hat. Kommt hierzu noch der Ruf der Tapferkeit, so erweckt es Gehorsam. Jene ersteren beiden schützen vor selbst veranlaßter Gefahr, und letztere vor solcher, in welche uns andere bringen könnten.

Mangel der Erfahrung in Geschäften treibt und nötigt uns, auf fremden Rat und anderer Ansehen zu achten. Alle, denen an der Kenntnis der Wahrheit gelegen ist, müssen, sobald sie sich nicht auf sich selbst verlassen können, dem Rat derer folgen, welche sie für klüger halten und bei denen sie keinen Betrug besorgen zu dürfen glauben.

Unbekanntschaft mit der eigentlichen Bedeutung der Worte, oder, was dasselbe sagt, das Unvermögen etwas richtig zu verstehen, macht, daß wir Wahrheit und Irrtum, auch wohl Worte, die ohne alle Bedeutung sind, auf Glauben von andern annehmen müssen. Weder Irrtum, noch Widerspruch lassen sich entdecken, wenn man nicht hinlänglich die gebrauchten Worte versteht.

Eben daher kommt es, daß ohne Anstrengung und gehörige Einsicht der Unterschied nicht gefunden werden kann, welcher sich zwischen einer Handlung vieler Menschen, und zwischen den Handlungen einer ganzen Menge findet. So ist z. B. ein großer Unterschied zwischen der einen Handlung aller römischen Senatoren, da sie den Catilina töteten, und zwischen den vielen Handlungen der Senatoren, die Cäsar ermordeten. Wer also die Worte nicht recht versteht, verwechselt leicht mit der Handlung eines Volkes diejenigen Handlungen, die von einer Masse von Menschen verübt wurden, wenn sie auch gleich wohl nur auf Anstiften eines Einzigen geschahen.

Unbekanntschaft mit den Ursachen und der eigentlichen Beschaffenheit desjenigen, das Recht, Billigkeit, Gesetz und Gerechtigkeit ist, macht, daß man Gewohnheit und Beispiele der früheren Zeiten zur Richtschnur bei seinen Handlungen annimmt, und meint, nur das sei unrecht, was gewöhnlich bestraft würde; hingegen sei das Recht, was wohl zuweilen unbestraft blieb; wie Kinder, die nur aus den Bestrafungen ihrer Eltern und Lehrer einzig und allein urteilen, was gute und was schlechte Aufführung sei. Kinder bleiben doch wenigstens fest bei diesem angenommenen Urteil; erwachsene Menschen aber berufen sich, wie es ihnen einfällt, bald auf Gewohnheit, bald auf Vernunft, ja bestreiten auch letztere sogar, so oft dieselbe ihrem Vorteil zuwider ist. Über die Frage: was ist Recht, was ist Unrecht? wird mit Gründen und mit Gewalt gestritten; die Lehre von den Linien und Figuren aber bleibt unangefochten. Warum? Weil sich wenige um das, was darin Wahrheit ist, bekümmern, indem dadurch dem Ehrgeiz, dem Vorteil, oder den Wünschen keines Menschen Einbuße geschieht. Gewiß, wäre der Lehrsatz des Euklid: „Die drei Winkel eines Dreieckes sind gleich zwei rechten Winkeln“ dem Vorteil derer, die am Ruder sitzen, zuwider, so würde er schon längst entweder bestritten oder unterdrückt worden sein.

Unbekanntschaft mit den entfernteren Ursachen macht, daß man alle Ereignisse den unmittelbar wirkenden Ursachen zuschreibt, weil man keine anderen sieht. Drücken z. B. öffentliche Abgaben, so wird man darüber unwillig, und läßt es alle diejenigen entgelten, welche zur Erhebung der öffentlichen Abgaben angestellt sind; man macht mit denen, die mit der Landesregierung unzufrieden sind, gemeinsame Sache, und widersetzt sich mit diesen auf eine höchst strafbare Weise selbst der obersten Gewalt, entweder aus Furcht vor Strafe oder aus dem Gefühl, daß Verzeihung auch beschämend sein würde.

Ist man mit den natürlichen Ursachen der Dinge nicht bekannt, so entsteht daraus Leichtgläubigkeit, die oft so weit geht, daß man auch sogar Unmöglichkeiten glaubt. Die meisten Menschen wissen ja, was möglich und was unmöglich ist. Und die Leichtgläubigkeit bringt, weil ein jeder es gern sieht, wenn er aufmerksame Zuhörer findet, auch oft leichtgläubige Lügner hervor; folglich verleitet die Unwissenheit an und für sich schon, ohne Beihilfe menschlicher Bosheit, nicht allein dazu, daß man Lügen glaubt, sondern sie auch erzählt, und zuweilen selbst erdichtet.

Besorgnis für die Zukunft treibt die Menschen an, den Ursachen der Ereignisse nachzuforschen, weil die Kenntnis der Ursachen vergangener Dinge die gegenwärtigen richtiger beurteilen läßt.

Der Hang, mit den Ursachen genau bekannt zu werden, macht, daß der Mensch von jeder wahrgenommenen Wirkung die Ursache, und von dieser wiederum die Ursache und so immer fort, aufsucht, bis er endlich zu dem Gedanken kommt: es gibt eine gewisse ewige Ursache, oder eine solche, welcher keine andere mehr vorangeht. Ein jeder, der in die Betrachtung der Natur tief eingedrungen ist, muß daher sich von selbst genötigt sehen, einen einzigen und ewigen Gott zu glauben, wenn er auch gleich das Wesen desselben, sich begreiflich vorzustellen nicht imstande ist. Man denke sich einen blindgeborenen Menschen, der von andern hört: das Feuer erwärme; auch selbst zu dem Feuer geführt wird, und die Wärme desselben empfindet, der wird zwar einsehen, daß etwas da sei, was ihn erwärme und Feuer heißt, aber sich bewußt zu sein, welche Gestalt es habe, oder mit andern Worten, solche Vorstellung vom Feuer, wie Sehende sich zu machen, ist ihm unmöglich. So ists auch mit dem Menschen. Die bei den sichtbaren Dingen wahrgenommene Ordnung überzeugt ihn, es sei eine Ursache derselben da, die man Gott nennt; doch vermag er sich dadurch noch nicht eine Vorstellung von dem Wesen desselben zu machen.

Auch bei denen, die sich wenig um die Ursachen der Dinge kümmern, findet sich eine gewisse Furcht, die schon darin ihren Grund hat, daß sie nicht wissen, ob es irgendein mächtiges Wesen gibt oder nicht gibt, welches sie glücklich oder unglücklich machen kann. Diese Furcht bringt sie nun dahin, daß sie unsichtbare Mächte mancherlei Art bei sich annehmen und sie ersinnen, welche sie sich also selbst erschufen, aber dennoch in Glück und Unglück ängstlich loben und anrufen, und sie so zu Göttern erheben. So wurden die unzählbaren Einbildungen der Menschen die Veranlassung zu ihren unzählbaren Gottheiten. Diese Furcht nun ist der Keim desjenigen, was jedweder bei sich selbst Religion, bei denen aber, die darin von ihm abweichen, Aberglaube nennt.

Diesen Keim der Religion hat man häufig wahrgenommen, einige haben ihn genährt und in Gesetzen formuliert und mancherlei Meinungen von den Ursachen der künftigen Dinge dazu erfunden, je nachdem sie dadurch ihren Zweck, andere sich unterwürfig zu machen, am leichtesten zu erreichen hofften.

 

Quelle;
welcker-online.de/Texte/Hobbes/leviathan_einf.pdf
kuwi.europa-uni.de/de/.../hobbes_leviathan-_1651_.pdf

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original/engl.

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